Kennzahlen im Recruiting: Definition, Beispiele und Tipps für die Anwendung von KPIs in der Personalgewinnung

Florian Horbach
21.9.2023
6
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Inhalt

Kennzahlen sind ein unverzichtbares Instrument für ein professionelles Personalmanagement und effektives Recruiting. Sie ermöglichen es Unternehmen, Prozesse zu analysieren, zu optimieren und den Unternehmenserfolg zu steigern.

In diesem Blogpost erfahren Sie, was Recruiting-Kennzahlen sind, welche für das Personalcontrolling relevant sind und wie Sie diese in Ihrem Unternehmen optimal nutzen. Wir zeigen Ihnen anhand von Best Practices, welche Kennzahlen sich in der Praxis bewährt haben und wie Sie diese implementieren. Zudem gehen wir auf rechtliche Aspekte ein.

Lesen Sie weiter, um zu verstehen, warum das Messen und Analysieren von Kennzahlen im Recruiting unverzichtbar für Ihren Unternehmenserfolg ist!

Grundlagen zu Recruiting Kennzahlen

Recruiting Kennzahlen, auch KPIs genannt, sind messbare Parameter, die Aufschluss über die Performance und Effektivität von Personalbeschaffungsprozessen geben. Anders als allgemeine betriebswirtschaftliche Kennzahlen beziehen sich Recruiting-KPIs speziell auf die Personalgewinnung.

Typische Beispiele für Recruiting Kennzahlen sind:

  • Time-to-Fill: Zeit zwischen Vakanzidentifikation und erfolgreicher Besetzung
  • Cost-per-Hire: Kosten pro erfolgreicher Einstellung
  • Candidate Experience Score: Zufriedenheit der Bewerber mit dem Bewerbungsprozess

KPIs können quantitativ oder qualitativ sein. Während quantitative Kennzahlen zählbare Dimensionen wie Kosten, Zeiten oder Anzahlen messen, bewerten qualitative Parameter subjektive Aspekte wie Kandidatenfeedback oder Arbeitgeberimage.

Die Auswahl der Kennzahlen sollte sich an den jeweiligen Unternehmenszielen orientieren. Relevante Bereiche können etwa Prozessdauer, Kosten, Bewerberzufriedenheit oder Personalmarketing sein. Eine regelmäßige Überprüfung der Kennzahlen ist wichtig, um sie an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen.

Relevante Recruiting Kennzahlen

Im Folgenden stellen wir Ihnen eine Auswahl zentraler Recruiting KPIs vor, die sich in der Praxis bewährt haben:

  • Time-to-Fill / Time to Hire: Diese Kennzahl misst die durchschnittliche Zeit zwischen der Identifikation eines Personalbedarfs und dem Vertragsabschluss mit dem erfolgreichen Kandidaten. Je kürzer diese Zeitspanne ist, desto effizienter arbeitet der Recruiting-Prozess. Zeitverzögerungen weisen auf Reibungsverluste hin.
  • Cost-per-Hire: Die Kosten pro Einstellung geben Aufschluss über die finanziellen Ressourcen, die der Personalbeschaffungsprozess bindet. Dieser KPI berücksichtigt etwa Inseratkosten, Recruiter-Gehälter oder Assessment Center. Indem Unternehmen diese Kennzahl senken, steigern sie die Effizienz der Rekrutierung.
  • Candidate Experience Score: Mittels Umfragen unter Bewerbern lässt sich messen, wie zufrieden diese mit dem Bewerbungsprozess waren. Ein positiver Candidate Experience Score fördert die Arbeitgeberattraktivität und kann sich auf die Qualität der Bewerbungen auswirken.
  • Qualität der Bewerbungen: Die Qualität von Bewerbungen und Bewerbern sollte kontinuierlich erhoben werden. Relevante Kriterien sind etwa die Passgenauigkeit der Qualifikationen, Abschlussnoten oder Assessment Center-Ergebnisse.
  • Conversion Rate: Die Conversion Rate gibt an, wie viele der kontaktierten Kandidaten ein Jobangebot erhalten bzw. annehmen. Eine hohe Conversion Rate zeigt, dass die Ansprache und Auswahl gut funktioniert.
  • Fluktuationsrate: Die Fluktuations- oder Abwanderungsrate misst, wie viele Mitarbeiter innerhalb eines Zeitraums das Unternehmen verlassen. Eine hohe Fluktuation kann auf Probleme in der Personalgewinnung hindeuten.
  • Früh-Fluktuation: Die Früh-Fluktuation misst, wie viele Mitarbeiter innerhalb der ersten Monate nach der Einstellung das Unternehmen wieder verlassen. Eine hohe Früh-Fluktuation kann ein Anzeichen für Fehlbesetzungen oder einen schlecht aufgesetzten Onboarding-Prozess sein.
  • Channel Effectiveness: Dieser KPI misst, über welche Recruiting-Kanäle die erfolgreichen Bewerber gewonnen wurden. So lässt sich die Effektivität der verschiedenen Kanäle vergleichen.
  • Offer Acceptance Rate: Die Offer Acceptance Rate gibt an, wie viele Stellenangebote von den Kandidaten angenommen werden. Eine hohe Rate zeigt die Attraktivität als Arbeitgeber.
  • Mitarbeiterbindung: Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen geben Aufschluss über die Bindung und Identifikation der Belegschaft. Engagierte und zufriedene Mitarbeiter wirken sich positiv auf den Unternehmenserfolg aus.
  • Hiring Manager Satisfaction: Diese wichtige KPI erfasst, wie zufrieden die Führungskräfte mit den über das Recruiting eingestellten Mitarbeitern sind.

Dateninterpretation - So lesen Sie die Kennzahlen richtig

Die Erhebung der Kennzahlen allein bringt noch keinen Mehrwert. Mindestens genauso wichtig ist die korrekte Interpretation der gesammelten Daten. Folgende Aspekte sollten Sie beachten:

  • Kennzahlen im Kontext betrachten: Einzelne KPIs sind meist nicht aussagekräftig. Erst das Zusammenspiel mehrerer Kennzahlen ermöglicht fundierte Analysen.
  • Entwicklung der Kennzahlen beachten: Vergleichen Sie die Werte mit Vorperioden, um Trends und Veränderungen aufzudecken.
  • Benchmarking durchführen: Nur wenn Sie Ihre Kennzahlen mit anderen Unternehmen vergleichen, können Sie beurteilen, ob Ihre Performance über-, unter- oder durchschnittlich ist.
  • Optimale Zielwerte definieren: Legen Sie für jeden KPI einen optimalen Soll-Wert fest, z.B. basierend auf Benchmarks oder strategischen Vorgaben.
  • Signifikante Abweichungen priorisieren: Konzentrieren Sie sich auf Kennzahlen, die deutlich vom Zielwert abweichen. Hier besteht der größte Handlungsbedarf.
  • Korrelationen berücksichtigen: Überprüfen Sie, ob Auffälligkeiten bei einzelnen KPIs auch in anderen Bereichen sichtbar sind. Dies kann auf übergeordnete Ursachen hinweisen.
  • Ursachenanalyse durchführen: Bei auffälligen Entwicklungen sollten Sie der Frage nachgehen, was der Grund dafür sein kann. Oft offenbart die Ursachenforschung noch nicht sichtbare Zusammenhänge.
  • Kosten-Nutzen-Verhältnis beachten: Bewerten Sie bei Maßnahmen zur Prozessoptimierung auch deren Kosten im Vergleich zum erwarteten Nutzen.

Durch eine sorgfältige Dateninterpretation gemäß diesen Aspekten erhalten Sie die entscheidenden Erkenntnisse, um Ihr Recruiting kontinuierlich zu verbessern.

Recruiting Kennzahlen in der Praxis

Nun wissen Sie, wie Sie die Daten interpretieren, doch damit diese ihr volles Potential entfalten können, müssen Unternehmen KPIs auch konsequent in die Praxis umsetzen.

Stellen Sie sich vor, Sie sind der Personalchef eines produzierenden Mittelstandsunternehmens. Ihre Recruiter brauchen im Schnitt über drei Monate, um neue Ingenieure und Facharbeiter einzustellen. Und Sie haben keine Transparenz, wo die Ursachen für diese lange Time-to-Hire liegen. Jetzt entscheiden Sie sich, diesen Prozess genauer unter die Lupe zu nehmen und führen als ersten Schritt die Kennzahl „Time-to-Hire“ ein. Sie messen nun für jede Stelle die Zeit von der Vakanz bis zur Besetzung. Nach zwei Monaten wird klar: Die Flaschenhälse liegen im Bewerbermanagement und in der Terminfindung für Vorstellungsgespräche. Daraufhin optimieren Sie diese Prozessschritte und können die Time-to-Hire um 35% reduzieren.

Dieses Beispiel veranschaulicht, wie KPIs dabei helfen können, konkrete Verbesserungen zu erreichen. Folgende Aspekte tragen zu diesem Erfolg bei:

  • Kontinuierliche Datenerfassung: Nur durch regelmäßige Messungen lassen sich Trends und Entwicklungen erkennen. Laut der Studie "Recruiting Trends 2020" erfassen bisher nur rund 50% der Unternehmen zentrale Kennzahlen wie Time-to-Hire kontinuierlich.
  • Benchmarking: Der Vergleich mit Wettbewerbern oder Branchendurchschnitten ermöglicht eine bessere Einordnung der eigenen Kennzahlen. 
  • Ableitung von Maßnahmen: Abweichungen vom Sollwert sollten analysiert und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Kennzahlen ohne Konsequenzen bringen keine Verbesserung.
  • Prozessoptimierung: KPIs erlauben eine datengetriebene Verbesserung des Recruitings durch Identifikation von Engpässen, wie im Beispiel der Flaschenhälse.
  • Automatisierung: Tools für People Analytics und HR Reporting automatisieren die Kennzahlenerfassung und -auswertung. Dadurch lässt sich der Aufwand reduzieren.

Rechtliche Aspekte

Bei der Nutzung von Recruiting Kennzahlen müssen rechtliche Rahmenbedingungen beachtet werden:

  • Datenschutz: Persönliche Kandidaten-Daten dürfen nur im rechtlich zulässigen Umfang erhoben und verarbeitet werden.
  • Diskriminierungsverbot: KPIs dürfen keine Anreize für eine unzulässige Ungleichbehandlung enthalten, etwa nach Alter oder Geschlecht.
  • Transparenz: Über die Datenerhebung und -verwendung sollte gegenüber den Bewerbern offen kommuniziert werden.
  • Delete-Prinzip: Erhobene Daten sind zu löschen, sobald der ursprüngliche Verarbeitungszweck entfällt.

Durch Schulungen und Leitlinien kann sichergestellt werden, dass Recruiting KPIs rechtlich und ethisch einwandfrei genutzt werden.

Fazit

Recruiting Kennzahlen sind für ein professionelles Personalmanagement unverzichtbar. Sie geben objektiven Aufschluss über den Status Quo und Optimierungspotenziale in der Personalgewinnung.

Durch die Implementierung relevanter KPIs wie Time-to-Hire, Cost-per-Hire oder Candidate Experience Score können Unternehmen ihre Recruiting-Prozesse analysieren und effektiv verbessern. So sichern sie sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil im Kampf um die besten Talente.

Unsere Empfehlung: Starten Sie noch heute mit der datenbasierten Messung, Auswertung und Optimierung Ihrer Recruiting-Prozesse.